Seelische Gewalt - was verbirgt sich dahinter?



Während sich die meisten von uns einig sind, dass körperliche Gewalt in einem harmonischen und liebevollen Familienleben nichts verloren hat, sieht sie Sache bei seelischer/emotionaler/psychischer Gewalt schon wieder ganz anders aus.

Warum?

Viele wissen gar nicht, was alles unter diesen Bereich fällt oder wie sie in schwierigen Situationen besser/anders reagieren können. Es gibt bestimmte Glaubenssätze und Annahmen, die einfach in unseren Köpfen herumschwirren, weil wir sie immer wieder gehört haben, für "normal" erachten und gar nicht weiter über sie nachdenken.

Genau aus diesem Grund kann es sehr schwer fallen, im Umgang mit unseren Kindern nicht auf Methoden zurückzugreifen die mit seelischer Gewalt einhergehen. Vor allem in Fällen, in denen spontan reagiert werden muss

Ein Beispiel: Ein Kind spielt zu laut, räumt die Regale aus, geht an wichtige Dokumente der Eltern oder oder. Nach mehrmaligen ruhigen Ermahnungen erhebt seine Mutter die Stimme und schickt das Kind auf sein Zimmer, damit es darüber nachdenken kann was es getan hat und sich die Lage etwas entspannen kann.

Eine solche Situation kennen wir alle von irgendwoher, oder? Wirkt auch auf den ersten Blick ganz plausibel, oder nicht? Aber gehört das nun wirklich schon zu seelischer Gewalt? Wahrscheinlich ergeben sich diese Fragen im Laufe des Beitrages von ganz allein.

Definition


Über die Definition von emotionaler Gewalt kann gestritten werden. Da scheiden sich die Geister ja schon bei der Diskussion darüber, was unter körperliche Gewalt fällt (mehr dazu hier). Deshalb ist es auch komplizierter, seelische Gewalt zu erkennen. Das macht sie aber nicht weniger schlimm als körperliche Gewalt. Denn genauso wie körperliche- kann, immer wieder auftretende, seelische Gewalt enorme Auswirkung auf die Persönlichkeitsentwicklung und das Selbstwertgefühl von Kindern (natürlich auch von Erwachsenen) haben.

A. Engfer (1986) definiert seelische Misshandlung in seinem Buch Kindesmisshandlung. Ursachen - Auswirkungen - Hilfe mit "Haltungen, Äußerungen und Handlungen von Bezugspersonen [...], welche das Kind bzw. den Jugendlichen überfordern und ihm das Gefühl von Ablehnung und eigener Wertlosigkeit vermitteln, die das Kind in zynischer oder auch sadistischer Weise herabsetzen oder das Kind bedrohen und terrorisieren."

Was heißt das genau?


Liebesentzug, ignorieren, Ironie, verspotten, auslachen, Einschüchterung, Angst machen, Missachtung, Entwertung, anschreien, Druck oder Unterdrückung sind alles Dinge, die zu seelischer Gewalt gezählt werden können.

Selbst Fälle in denen ein Kind etwas sagt, was wir als Erwachsene lustig finden und dann darüber lachen können dem betroffenen Kind, beispielsweise wenn so etwas immer wieder vorkommt, das Gefühl geben, dass es nicht ernst genommen, belächelt oder ausgelacht wird. Dadurch können sich Frust und Wut anstauen oder auf Lange Sicht der Eindruck beim Kind entstehen, dass es nicht geliebt und angenommen wird.

Wir mögen meinen, dass es in Ordnung ist unser Kind zu ignorieren, wenn es nicht das tut, was unserer Meinung nach angemessen ist. Denn sonst lernt es ja, dass es für dieses "schlechte" Verhalten auch noch unsere Aufmerksamkeit erhält.

Natürlich ist es Kindern lieber negative, als gar keine Aufmerksamkeit zu bekommen. Auch wenn sie wissen, dass dies unschöne Folgen für sie haben kann. Aber das Bedürfnis nach Anerkennung, nach gesehen und wahrgenommen werden ist bei ihnen so hoch, dass sie das meist in Kauf nehmen.

Lernen sie durch solche Situationen nun wirklich, dass sie bei unerwünschtem Verhalten Aufmerksamkeit bekommen? Oder lernen sie vielleicht, dass sie trotz unerwünschtem Verhalten akzeptiert, geliebt und angenommen werden.

Werden aus Kindern, denen mit Respekt, Fürsorge, Liebe und Geduld begegnet wird, Tyrannen, Schläger oder Egoisten? Oder respektvolle, fürsorgliche, geduldige und liebevolle Erwachsene? Was meint ihr - was lernen Kinder wirklich aus diesen Momenten?


Unsere Vorbildfunktion als Eltern und Erwachsene im Allgemeinen ist sehr groß. Es wird so viel von Kindern adaptiert und nachgeahmt, ohne dass sie sich wirklich damit auseinander setzen oder sich gar bewusst dazu entscheiden. Sie imitieren Konfliktlöse- oder Kommunikationsstrategien, den Umgang mit Emotionen, den Gebrauch von Gesten, Mimik und vieles mehr.

Natürlich geschiet seelische Gewalt oft ohne eine böse Absicht oder aus dem Affekt heraus. Keiner ist perfekt. Aber genau darum sollten wir uns mit uns selber auseinander setzen, unser Verhalten hinterfragen und reflektieren und uns besonders in die Kinder in unserem Umfeld hineinversetzen! Mit der einfachen Frage "Wie fühlt sich dieses Kind wohl gerade?" kann denke ich schon so viel erreicht werden.

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